Zivilökonomie

Zivilökonomie ist eine Theorie der freien Marktwirtschaft, die auf Reziprozität, Generativität und Intergenerationeller Solidarietät basiert.

Sie geht zurück auf die philosophische Tradition des Zivilhumanismus von Aristoteles, Cicero, Thomas von Aquin und der franziskanischen Schule. Ihren Höhepunkt erreichte sie in der Aufklärung, vor allem in Neapel, mit Antonio Genovesi, Hinhaber des ersten Lehrstuhls von Ökonomie in Europa schon im 1754 ,

Autor von Lezioni di economia civile, 1765), ein späteren Schuler von Giambattista Vico, von dem die Bezeichnung animal civlie stammt.

Antonio Genovesi entwarf, fast gelichzeitig mit der Entwicklung der Prinzipien der Politischen Ökonomie seitens Adam Smith und Hume.

Es besteht eine feiner Unterschied zwischen den Zwei Theorien: für die Zivilökonomie ist die Beziehung zwischen den Subjekten relevant und konstitutiv für den Markt: die Ökonomie ist zivil, der Markt realisiert gemeinsames Leben in dem die Menschen teilen und sich gegenseitigen Beistand leisten.

In der Zivilökonomie untersteht der Markt der Gesellschaft und der Gegenseitigkeit, in der Annahme, dass es andere Prinzipien gibt, als Profit und instrumentellen Tauschhandeln.

Sie legt Wert auf drei regulatorische Prinzipien des sozialen Systems:

- Prinzip der Gleichwertigheit zwischen ein Produkt und sein Preis

- Prinzip der Wiederverteilung unter allen Subjekten der Gemeinschaft (auch Kinder und Alten die nicht arbeiten können)

- Prinzip der Reziprozität. Dieses grundlegende Prinzip der Zivilkökonomie zeichnet sich durch das Vorhandensein von drei Subjekten (triadische Struktur) aus, von denen eines (homo reciprocans) eine Handlung gegen ein anderes ausführt, nicht als "Anspruch" auf die Belohnung der Handlung selbst, sondern als eine Erwartung auf die Zivilgesellschaft (Prinzip der Reziprozität bei Antonio Genovesi)

 

Die Zivilökonomie führt Beziehungsgüter ein, die dem Subjekt nicht unmittelbar und direkt nützen, sondern nur mit anderen Subjekten zusammen. Ein Beziehungsgut setzt die Kenntnis der Identität des Anderen und eine Investition in die Zeit voraus. Gerade die Produktion der Beziehungsgüter darf nicht den Gesetzten des Markts überlassen werden: die privaten Güter können effizient sein, die Beziehungsgüter müssen darüber hinaus wirksam sein. Aber obwohl diese Güter ähnlich ausschauen, wie staatlichen Güter, können sie nicht wie diese produziert werden.

Deshalb brauchen unsere Gesellschaften ZivilunternehmerInnen, die zu Beziehungsfähigkeit stehen, und eine Vision der sozialen Ordnung, wo die Nachfragen sich von Angebot befreit. Damit wird die Nachfrage das Angebot dirigieren, und der Konsum steigt zu einem Kulturprodukt, deren Besitz ein Sein verursacht.

Die objektive Funktion der Zivilunternehmen beabsichtigt so viele soziale Externalitäten zu produzieren wie möglich, weil sie eine der relevanteren Faktoren von Sozialkapital bedeutet.

Seit 5 Jahren findet in Florenz das Festival der Zivilökonomie/des Öffentlichen Glücks statt, initiiert von Federcasse, organisiert von „Next – nuova economia per tutti“ (Netzwerk von 650 privaten und staatlichen Firmen und 39 Gemeinden). Dazu kommen noch die Firmen von der Compagnia delle Opere, ca. 35 000 in Italien.

In den Skandinavischen Ländern gibt es ausdrücklich den Studiengang: Zivilökonomie.

Auch in Deutschland gibt es Zivilökonomie-Unternehmer: siehe Lichtblick

Weltweit: Linux, Firefox usw.

 

Seit nur 12 Monaten existiert der Netzwerk: Wellbeing economy Alliance; Amsterdam, Neuseeland haben den Donut und Kreislaufwirtschaft eingeführt;

Berlin, Barcelona und California sind gerade dabei.

Neuseeland, Schweden, Island präsentieren einen Wellbeing Budget.

wellbeingeconomy.org

https://wellbeingeconomy.org/wp-content/uploads/WEAll-brochure_2021Update_FINAL_V2.pdf

 

Luigino Bruni, Stefano Zamagni, Leonardo Becchetti in Italien, Massimo Cermelli in Spanien u.a. entwickeln weitere theoretische Reflexionen und Praktiken der Zivilökonomie.

Was Marianna Mazzucato in Oxford lehrt: der Staat als Unternehmer, um privaten UnternehmerInnen bessere Chancen auf dem Markt anzubieten, ist meiner Meinung nach auch letztendlich Zivilökonomie.

In der heutigen Zeit hat sich die Zivilökonomie um weitere Aspekte bereichert:

 

1) für horizontale Arbeitsstrukturen (keine hierarchischen Strukturen)

2) für strategische Organisation der Arbeit und gegen Arbeitsteilung

3) Kauf als Ausübung von deliberativer Demokratie (Wählen mit dem Geldbeutel)

4) Kampf gegen die Armut, und gegen die Schere zwischen reichen und armen Ländern

5) Kampf gegen die Teilung des Wissens

6) Wiederentdeckung der Praktiken des Impliziten Wissens in den Arbeitsprozessen und in der Lehre

7) Soziale Generativität, was mehr als reine Kreislaufwirtschaft ist. Es sind Praktiken, die auf die Entstehung neuer Dynamiken, Beziehungen, Bindungen, Wünsche in der Gesellschaft und auf eine positive Transformation des Territoriums zielen. Wie das öffentliche Glück muss sie wachsen können, inspirierend wirken.

 

Giambattista Vico

Antonio Genovesi

Adam Smith